Wie stehen die Religionen zur Organspende
Umgang mit der Organspende in den verschiedenen Religionen.
In Deutschland warten aktuell rund 12.000 Menschen auf ein Spenderorgan. Es könnten weit weniger sein, denn bisher haben nur rund 20 Prozent der Deutschen einen Organspenderausweis. Dabei sollte die Religion kein Kriterium dafür sein, kein Spender zu werden. Doch wie stehen Islam, Christentum, Buddhismus, Hinduismus und Judentum der Organspende gegenüber. Ist sie erlaubt?
Islam – Organspende mit islamischem Prinzip vereinbar
Als 1997 das deutsche Transplantationsgesetz verabschiedet wurde, hat der Zentralrat der Muslime in Deutschland die Organspende als mit dem islamischen Prinzip vereinbar eingestuft. Die Spende ist nicht mit Respektlosigkeit gegenüber den Toten gleichzusetzen, sondern Zeichen des Mitgefühls. Die Voraussetzungen für die Zustimmung zur Spende sind, dass der Spender volljährig und bei klarem Verstand ist. Lebendspenden sind ebenfalls erlaubt, solange der Nutzen für den Empfänger größer ist als der mögliche Schaden für den Spender. Bereits 1986 wurde auf der dritten Internationalen Konferenz Islamischer Gelehrter der Herztod mit dem Hirntod gleichgesetzt, sodass auch dann die Organspende möglich ist.
Christentum – Organspende als Zeichen der Nächstenliebe
Sowohl die katholische als auch die evangelische Kirche sehen die Organspende als Akt der Nächstenliebe. In einer gemeinsamen Erklärung vom Rat der Evangelischen Kirche und der Deutschen Bischofskonferenz aus dem Jahr 1990 heißt es zwar, dass das Leben und der Leib ein Geschenk des Schöpfers sind, über das nicht frei verfügt werden darf. Doch der Mensch kann „nach sorgfältiger Gewissensprüfung aus Liebe zum Nächsten“ seinen Leib einsetzen. „Aus christlicher Sicht ist die Bereitschaft zur Organspende nach dem Tod ein Zeichen der Nächstenliebe und Solidarisierung mit Kranken und Behinderten.“
Buddhismus – Ungestörter Sterbeprozess vs. Mitgefühl und Teilen
Im Buddhismus wird der Tod als allmähliche Auflösung der Einheit aus Körper und Seele verstanden. Dieser Prozess kann nicht am Stillstand der wahrnehmbaren körperlichen Funktionen gemessen werden, weswegen der Sterbeprozess für viele Buddhisten über die Feststellung des Hirntods hinausgeht. Die Organentnahme wird daher als Eingriff in den Sterbevorgang verstanden. Im Gegensatz dazu vertreten Buddhisten auch die Auffassung, dass die bewusste Entscheidung zur Organspende ein Akt des tätigen Mitgefühls darstellt. So können nicht nur Leiden gelindert und Leben gerettet werden, auch kann die Organspende einen positiven Einfluss auf die nächste Existenz haben.
Hinduismus – Unversehrtheit des Leichnams vs. Leidenden helfen
Trotz der Ansicht im Hinduismus, dass Körper und Seele getrennt voneinander wahrgenommen werden, wird dem Leichnam und dessen Unversehrtheit ein sehr hoher Stellenwert zugeordnet. Es ist jedoch kein Organspendeverbot vorgeschrieben. Vielmehr ist die Entscheidung jedem Gläubigen selbst überlassen. So wird die Organspende von vielen Hindus als Opfergabe empfunden, mit der Leidenden geholfen wird. Obwohl im Hinduismus die Auffassung herrscht, dass ein Mensch erst dann tot ist, wenn sein Körper erkaltet ist, erkennt Indien als Ursprungsland des Hinduismus den Hirntod als ausreichendes Kriterium für die Organspende an.
Judentum – Körper als Leihgabe Gottes vs. Menschliches Leben retten
Im Judentum gibt es gegensätzliche Ansichten. Denn gemäß dem jüdischen Religionsgesetz gilt ein Mensch als tot, wenn weder Atmung noch Herzschlag vorhanden sind. So lehnen orthodoxe Juden die Organspende bei Hirntod ab, während der liberale Teil stärker die Auffassung vertritt, dass menschliches Leben gewahrt und gerettet werden muss. Außerdem wird im Judentum der Körper als Leihgabe Gottes betrachtet, der nicht bewusst verletzt werden darf. Viele Juden stehen der Organspende mittlerweile positiv entgegen, was auch an der Entscheidung von Israels obersten Rabbinat Ende der 80er Jahre liegt, das sogenannte Hirntodkriterium zu akzeptieren. Die freiwillige Spende ist erlaubt, wenn dabei kein Profit entsteht und der Körper respektvoll behandelt wird.
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(Präambel der Satzung der AKR, Berlin 1947)
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